Bevor wir zur Fahrt in unser neues Heimatland aufbrechen, hier eine kurze Zusammenfassung eines hektischen Novembers.
Kurz nach unserer offiziellen Kündigung und dem Start des Projekts “Arbeitssuche” fliegen wir bereits nach Perth geflogen. Treff mit einem potentiellen neuen Arbeitgeber. Wenn es klappt werden wir ein Café in der abgelegenen Bergbaustadt Newman, rund 1.200 Kilometer nördlich von Perth, leiten. Mitten im Outback. Wie cool ist das?
Interview und Arbeitsprobe in einem der größten Cafés der Kette waren super: Viele nette, interessante, hilfsbereite Leute und ein wirklich tolles Netzwerk. Perth selbst ist fantastisch und einladend! Unser Unterkunft ,direkt am Swan River, ist einfach atemberaubend. Da könnten wir uns wirklich dran gewöhnen!!! Ich war so aufgeregt, ich begann Liebesherzchen auf Pauls Bein zu malen. Kleiner Hinweis: Paul mag das nicht!
![](https://static.wixstatic.com/media/a27d24_e7314bb839da4884806aaf973857be1c~mv2.jpg/v1/fill/w_554,h_426,al_c,q_80,enc_auto/a27d24_e7314bb839da4884806aaf973857be1c~mv2.jpg)
Endlich ist es der 2. Dezember, Zeit zur Abfahrt. Alles ist verpackt, einschließlich Mr. Oliver T. Crossley. Auto, Anhänger und Dachträger ächzen unter all unserem Hab und Gut. Kurzcheck am Ausgang der Stadt und los geht's. Zwei Kilometer geschafft, nur noch 4,000 km (oder so) bis Perth!
Camp I: Wir haben vergessen in Charleville aufzutanken. Eine Plastikflasche wird zu nem Trichter umfunktioniert und das Fahrzeug mit bedieselt. Nebenbei stellen wir fest, dass der Anhänger stark durchsackt. Die Achsaufhängung muss dringend aufgarbeitet werden. Hätte eines gewaltiges Problem werden können, wenn der Mechaniker in Cunnamulla nicht so hilfreich gewesen wäre! Wir mieten wir uns ein Apartment und holen den Anhänger am nächsten Morgen wieder ab. Genug Zeit, um einen der legendären Kamelburger der Stadt zu probieren. Echt lecker. Wer hätte das gedacht. Sorry, Olli, keine Reste für dich!!!
Wir segeln durch Burke. Das Mädel des örtlichen Tourismusbüros verpasst die Gelegenheit, uns die Stadt und ihre Sehenswürdigkeiten zu verkaufen. Ziemlich traurig, da das Besucherzentrum selbst ziemlich klasse ist.
Also fahren wir ohne Stop weiter nach Louth oder Camp II. WikiCamps empfiehlt einen Aufenthalt direkt am Darling River gegenüber dem Pub. Super! Der Fluss ist tief genug, um die Kajaks zu nutzen mit Olli am Bug wie Captain Ahab und ich am Paddel. Der Tag endet mit Klönschnack und leckeren Essen im Shindy's Inn und dann Sie im Bett.
Am dritten Tag geht’s nach Broken Hill. Wir passieren den Zusammenfluss von Darling und Paroo River. Der Paroo ist ein alter Freund von unserem letzten Ausflug nach Cameron’s Corner! Anders als im Norden ist dieser Abschnitt ist super trocken. Kaum zu glauben, dass hier noch jemand Landwirtschaft betreibt. Die wenigen Pflanzen hier sind trocken, piepsig und giftig um Fressfeinde abzuhalten. Kurioserweise nutzen die Häuser und Geschäfte im nahe gelegenen Wilcannia ähnliche Abwehrmechanismen - natürlich weniger gegen Landvieh! Die Kolonialarchitektur ist ziemlich beeindruckend, und verbarrikadiert mit Zäunen, Stacheldraht, Hochleistungstoren, Stahlläden und vergitterten Fenstern. Ein Schlachtfeld. Zombies schlurfen durch die Gassen. Unheimlich! Unser Tankstopp ist viel zu lang. Kann es kaum erwarten hier wieder rauszukommen!!!
![](https://static.wixstatic.com/media/194878_f1397361cf244e27a8e66aff7cced6c8~mv2.jpeg/v1/fill/w_980,h_319,al_c,q_80,usm_0.66_1.00_0.01,enc_auto/194878_f1397361cf244e27a8e66aff7cced6c8~mv2.jpeg)
Camp III ist Tiel der Broken Hill Show Grounds. Wir geniessen Wein und Käse auf der Tribüne und schauen den örtlichen Trabern beim Training zu. Versuchen uns den Lärm und die Aufregung eines Renntages vorzustellen - muss spektakulär sein!
Seit unserem letzten Besuch in 2001 hat sich die Stadt von der Demise im Bergbau erholt. Es herrscht eine tolle Atmosphäre. Alles ist ordentlich und einladend. Die Anzahl an Einkaufsmöglichkeiten, Kunsträumen und Cafés ist atemberaubend und wird gut genutzt. Zum Kaffee muss man entsprechend anstehen. Wir werden für einen längeren Aufenthalt wieder kommen müssen, vielleicht zum jährlichen Broken Heel Festival zu Ehren von „Priscilla - Königin der Wüste“. Das Palace Hotel - eines der Sets für den Film - würdigt es immer noch. Super!
![](https://static.wixstatic.com/media/194878_75f09967b14b4707953b2ed37040c853~mv2.jpeg/v1/fill/w_980,h_980,al_c,q_85,usm_0.66_1.00_0.01,enc_auto/194878_75f09967b14b4707953b2ed37040c853~mv2.jpeg)
Broken Hill ist bereits in der Zeitzone für Südaustralien. Die verschiedenen Zeitzonen sind echt der Hammer. Bei der Überfahrt nach NSW mussten wir wegen der Sommerzeit eine Stunde vorstellen. Südaustralien ist eine halbe Stunde zurück und Westaustralien nochmals 90 Minuten. Wenn das nicht verwirrend ist! An der Grenze müssen wir uns von unseren Mangos trennen. Seltsamerweise sind Zwiebeln ok. Blöder Tausch! Ich stelle mir vor, wie sich die Grenzbeamten mit konfiszierten saftigen Mangos voll schlagen, während wir an trockenen Crackern mit Zwiebeln knabbern.
![](https://static.wixstatic.com/media/a27d24_5ea12dd805964f0e8cecef23e6e643cb~mv2.jpeg/v1/fill/w_980,h_605,al_c,q_85,usm_0.66_1.00_0.01,enc_auto/a27d24_5ea12dd805964f0e8cecef23e6e643cb~mv2.jpeg)
Eigentlich wollten wir heute nur drei bis vierhundert Kilometer fahren. Das hätte uns in die Hügel von Peterborough gebracht. Irgendwie wir haben alle guten Camp-Möglichkeiten verpasst. Nächster Halt: Port Augusta am Golf von Spencer. Die Stadt ist den Stopp nicht wert. Wir halten trotzdem an, Eiskaffee tanken. Und haben wiedermal die Zeit falsch eingeschätzt. Alles ist geschlossen oder verrammelt. Die Wüstenstadt ist bekannt für Stromerzeugung. Die alten Kohlekraftwerke wurden vor ein paar Jahren stillgelegt, aber die ersten Anlagen mit erneuerbaren Energien sprießen wie z.B. die beeindruckende Anlage die Tomatenplantagen klimatisiert und mit Wasser versorgt. Eine weitere massive 150-MW-Anlage ist für 2020 geplant, ebenso wie Windparks. Überall grüne Triebe, auch hier down under!
Camp IV befindet sich direkt hinter Iron Knob (= Eiserner Gnubbel) am Eyre Highway - neben dem trockenen Bett des Pine Creek. Spektakulär. Ebenso wie der Verkehr auf dieser transkontinentalen Autobahn!
Die sanften Hügel der Eyre-Halbinsel sind überraschend üppig mit kilometerlangen Weizen-, Gerstenfeldern und massiven Getreidesilos. Wir nehmen die Straße durch Kimba mit seinen Mega-Kakadus, haben unseren Morgenstopp in Kyecutta und eine längeren Mittagspause in Ceduna. Letzteres liegt ziemlich malerisch, direkt am atemberaubenden Südmeer. Die öffentlichen Cyber-Toiletten sind auch beeindruckend. Sie spülen erst, wenn man sich die Hände gewaschen hat. Erst danach kann man die Klos verlassen. Angenehme Musik und eine sanfte Stimme erinnern einen daran, dass man 10 Minuten Zeit hat, um sein „Geschäft“ zu verrichten. Und wenn das nicht ausreicht? Wird man dann hinauskatapultiert, mit der Hose um die Knöchel?
Die Straße in Richtung Nullarbor ist wunderschön bewaldet mit Bäumen in hunderten von Grüntönen. Ich mag dieses Land wirklich. Die Nullarbor-Ebene selbst ist ein starker Kontrast. Man merkt, dass man angekommen ist, wenn die Krähen nicht mehr in sondern auf den Bäumen sitzen. Auf dem alten Kalksandstein wächst nichts mehr als hüfthoch. Die Nullarbor ist weltweit das größte Karstgebiet, größer noch als die Schwäbische Alb! Flach, 1.100 Kilometer von Ost nach West und bis zu 80 Meter tief. Trockenes Land, anders und schön. Ich erwartete eine Sandwüste, stattdessen finden wir Sträucher, Salz- und Bluebushes und Millionen von Blumen. Die Aussicht auf die Klippen, die steil in den Ozean fallen ist ein super Kontrast. Ich liebe es wirklich sehr.
Camp V errichten wir 30km westlich des Nullarbor Road-Hauses in einem offiziellen Rastplatz. Normalerweise würde uns die Anzahl and Co-Campern abschrecken. Wir sind angenehm überrascht: Hunderte von kleinen Plätzchen und keine weitere Seele. Die Alternative ist eine der Raststätten. Das Border Village Roadhouse und das nahe gelegene Eucla sind halbwegs anständige Siedlungen. Aber selbst sie könnten renoviert werden. Westlich von Eucla ist dann alles einfach nur noch beängstigend - und sündhaft teuer - weit entfernt von den Standards anderer moderner Raststätten.
Camp VI liegt nochmal 600 km westlich. Es ist ein seltsamer Tag, 14 Grad am Morgen, weit über 48 am Nachmittag! Unser Auto weigert sich, seine Passagiere zu kühlen. Die Klimaanlage zieht zu viel Saft. Mit offenem Fenster fahren ist wie trocken geröstet zu werden. Wir halten am Cocklebiddy Roadhouse, mitten im Nirgendwo. Ruhe für’s Auto. Pommes und Eis für uns. Den Truckies, Motorradfahrern und anderen Reisenden nach zu urteilen, sind wir nicht die Einzigen, die auf eine kühle Brise warten. Einige Minuten und Kalorien später schwingt das Quecksilber in die andere Richtung. Nichts wie weg!
Vorsichtig fahren wir weiter. und finden eine schöne Ecke für Camp VII westlich von Baxer. Es ist fast am Ende Australiens längster gerader Straße, immerhin 1.466 km! Und immer noch stinkend heiß. Die Bremsen sind neu. Sie mögen meine Wärmesalbe nicht und stürzen sich auf Paul - in Massen! Die Abendwolken sind spektakulär. Zusammen mit dem heutigen Wetter sollten sie genug Warnung sein: Kurz darauf pfeift uns der Wind um die Ohren. Der Sand fetzt die Haut ab. Ein paar Regentropfen bringen nicht wirklich Erleichterung. An Nachtruhe ist nicht zu denken: Laut, schwitzig, klebrig, staubig. Wir sind um 3 Uhr morgens bereits auf und um 5 wieder unterwegs, völlig gerädert. Es gibt schon einen Grund, warum sonst niemand im Sommer die Nullarbor überquert!
Frühstück im Belladonia Roadhouse. 1979 gelangte es zu Ruhm als ein beträchtliches Stück SpaceLab in die nahe gelegene Wüste schmetterte. Es ist jetzt Teil der Ausstellung im Gastraum, zusammen mit lokalen touristischen Highlights. Schönes Setup.
In Norseman müssen wir uns dann überlegen, ob wir direkt nach Perth fahren oder uns an der Südküste von WA eine Auszeit gönnen. Die Dame im örtlichen Infozentrum macht uns die Entscheidung leicht. Und sie offeriert uns den Himmel auf Erden: Den Schlüssel zur heißen Dusche auf der anderen Straßenseite! Ob wir zu sehr gemüffelt haben? Es sind die kleinen Dinge im Leben, die einen gluecklich machen; ich fühle mich sauber gescheitelt und gestriegelt - wie ein Baby - fast schon wieder menschlich!
Norseman ist nach einem lahmenden Pferd benannt. Ein Goldklumpen hatte sich in den Huf gebettet (der Start des hiesigen Goldrauschs). Orte in Australien sind oft nach berühmten Persönlichkeiten wie Lords und Admiralen benannt. Gelegentlich gibt es indigene Namen wie Gnowangerup „Ort des Mallee-Huhns“ oder Fix-her-up (=Mach-sie-heil) „Ort der Handwerker“. Merkwürdig wird es wenn Orte nach dem Chef oder schlimmer noch nach seiner Frau benannt werden. Klassischer Fall von Rumschleimerei (Hervey Bay)? Oder der verzweifelte Versuch Ehebruch zu vertuschen (Port Augusta)? Man stelle sich vor, man lebt seit Generationen an einem hübschen Fleckchen, dann kommt jemand daher und nennt ihn nach seiner Kurtisane oder seinem Haustier!
Wir kommen am frühen Nachmittag in Esperance an und checken im Caravan Park ein (Camp VIII & IX), direkt am Meer. Wir freuen uns auf einen Tag mal ohne Auto! Die Stadt ist nach einem französischen Schiff benannt, das 1792 vorbeisegelte. Walfänger, Robbenjäger und Pastoralisten kamen erst im frühen 19. Jahrhundert an, und um 1890 wurde hier schließlich die Stadt gegründet. Esperance wurde das Tor zu den neu entdeckten Goldfeldern (siehe Norseman). Die Stadt und die umliegende Region sind atemberaubend schön: Dramatische Granitformationen, weiße Strände, malerische Salzseen, goldene Getreidefelder, die sich im Wind wiegen. Wir finden einige umwerfende Nationalparks, die Nachbildung von Stone Henge, schrullige Cafés und Galerien und winkten sogar einem Kreuzfahrtschiff, der Queen Elisabeth, zu. Beeindruckend!
Nach der gestrigen Hitzewelle greifen wir nach Pullover und Windjacke: Nur 24 Grad und kälter in der seifen Brise! Muss im Winter hart sein, wenn antarktische Stürme die Küste heimsuchen.
Camp X & XII: Albany, etwas weiter die Küste entlang, ist unser nächster Stopp! Wir nähern uns von Norden über die spektakulären Stirling Ranges und Gnowungerup, mit dem Mallee-Fowl-Forschungszentrum. Das Männchen scharrt große Hügel und inkubiert dort die Eier. Nach dem Schlüpfen dauert es nur 24 Stunden, bis die Küken fliegen und für sich selbst sorgen können. Vor der europäischen Invasion noch reichlich vorhanden, sind die Tiere heute aufgrund von Lebensraumverlust und eingeführten Fressfeinden eine vom Aussterben bedrohte Art. Erstaunlich, was man mitten im Nirgendwo lernt.
Die Limeburner's Distillery in Albany ist fabelhaft, die Auswahl an Whisky und Gin einfach spektakulär. Unser Grinsen wird mit jedem Schluck größer. Nicht billig, aber jeden Tropfen wert! Und das ist erst der Anfang. Die Gegend ist hervorragend für jeden, der frische regionale Produkte liebt. Alles von Wein, Cider und Met bis hin zu Kräutern, frischem Käse, hausgebackenem Brot, Blumen und sogar Schokolade. Die Auswahl ist so vielfältig wie lecker. Viel zu wenig Zeit, um alles zu probieren. Die Küste passt landschaftlich zu der spektakulären Selektion. Leider haben wir nur einen Tag und besuchen wir das Tal der Riesen in Walpole. Die Fahrt selbst ist schon großartig aber wird buchstäblich vom Skywalk und den massiven Tingle Trees in den Schatten gestellt. Der Weg ist 40 Meter über dem Boden aufgehängt, und die Eukalyptusbäume ragen noch weitere 35 Meter darüber hinaus. Ein paar gut aussehende Servicemänner seilen sich vom Skywalk ab, um Wartungsarbeiten durchzuführen. Großartiger Tag!
Auf dem Rückweg schauen wir uns das ANZAC Museum in Albany an. Es wurde auf einem Festungshügel errichtet, der den Tiefwasserhafen darunter schützte. Die Aussicht und die Gärten sind atemberaubend. Der Hafen beherbergte zwei Marinekonvois die nach Gallipoli / Türkei segelten und 1915 Australiens Teilnahme im ersten Weltkrieg fatal besiegelte. Wie immer sind die Australier großartig darin, Menschen zu Helden für eine Sache zu machen, die diese weder verstanden noch mitbestimmt haben, anstatt den Krieg und die damit verbundenen Schrecken anzuprangern. Diese Einseitigkeit ist fast schon erschreckend. Für Krieg gibt keine gerechtfertigten Gründe, nie Gewinner, sondern nur üble Verluste auf allen Seiten. Meine Helden sind die Krankenschwestern und Ärzte, die sich um Covid-Patienten kümmern, und sich wissentlich der Krankheit mit ihren Folgen aussetzen. Meine Helden sind die Sanitäter, die sich bemühen, unter den schlimmsten Umständen immer noch Leben zu retten, die Polizisten, das Konflikte eindämmen oder auflösen, die Psychologen, die helfen unsere seelischen Monster in Schach zu halten; nicht Idioten, die wegen ihrer Landesherren auf andere Idioten schießen und nicht in der Lage sind Differenzen durch Gespräche zu lösen.
Die letzte Etappe: Camp XIII - wenn man es denn so nennen will - Perth. Schweren Herzens nehmen wir den Albany Highway nach Norden durch den Weizengürtel. Es ist eine schöne Fahrt und wahrscheinlich manche Zwischenstopps wert. Hmm, nächstes Mal !!!
Es gibt immer ein nächstes Mal….
Comments